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Freitag, 21. September 2012

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* Nach 23 Tagen frei
* Gentechnikgegner übt scharfe Kritik am Gefängnissystem

Gefängnis ist nicht Resozialisierung, sondern Rache am Gefangenen, so fasst E. Müller seine Erfahrungen nach 23 Tagen Haft zusammen. Der Gentechnikgegner wurde heute aus der Berliner JVA Plötzensee entlassen. Dort saß er nach einer Feldbefreiung der Gruppe Gendreck-weg 2008 im fränkischen Kitzingen ein, nachdem er sich weigerte, die festgesetzte Geldstrafe für seine Tat zu zahlen oder seine Zahlungsunfähigkeit nachzuweisen. Im Gefängnis werden systematisch Leben von Menschen zerstört. Zum Freiheitsentzug kommen quälende Langeweile, die Willkür der Beamten, faktische Rechtslosigkeit der Gefangenen, Desinformation und ein ständiger Mangel an geschützter Privatsphäre. Schon das sei für die meisten nur schwer aushaltbar. Ein Mitgefangener wollte sich das Leben nehmen  er hat mir den Abschiedsbrief an seine Mutter in die Hand gedrückt, so Müller. Wer die Zeit im Gefängnis überstehe, stünde nicht selten vor den Trümmern seines Lebens. Ehe, Freundschaften, Job, Wohnung, Geld  immer wieder habe ich gehört, dass das nach kurzer Zeit schon weg war.

In der Öffentlichkeit herrsche ein Bild des bösen, brutalen Gefangenen vor, der seine Strafe verdient habe. So jemanden habe ich während meiner Haft nicht getroffen, so der Berliner. Sogar das Gesetz rede inzwischen nur noch von Resozialisierung und dem Schutz der Gesellschaft, nicht aber von Rache oder Bestrafung. Die realen Haftbedingungen sprechen den wohlklingenden Grundsatz-Paragraphen 2 und 3 des Strafvollzugsgesetzes Hohn, so Müller.

Das Gefängnis resozialisiere die Gefangenen genauso wenig wie es die Gesellschaft schütze. Im Gegenteil fördere es sogar kriminelle Karrieren. Ich habe im Knast  ohne danach zu fragen  erfahren, wie ich mich an EC-Karten-Fälschungen beteiligen und wo ich Heroin kaufen kann, sagt der Diplom-Mathematiker. Ich habe schlicht das Glück, dass ich nicht auf eine dieser Möglichkeiten angewiesen bin.

In der JVA Plötzensee werden ausschließlich Geldstrafen abgesessen. Hier wird der Zynismus besonders deutlich. Dort landet nur, wer nicht einfach, wie reichere wie reichere Teile der Bevölkerung ein paar hundert oder tausend Euro bezahlen kann. Ein ganzes großes Gefängnis nur für Leute ohne Geld.

Der Gentechnikgegner wurde heute nach 23 Tagen von besorgten Freundinnen und Freunden freigekauft.

Für Rückfragen: E. Müller, 0151 - 10 70 50 30


Erasmus ist in der JVA
Plötzensee und seine Postadresse ist

Erasmus Müller
z.Z. JVA Plötzensee
Friedrich-Olbricht-Damm 16
13627 Berlin

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Und unten stehend die Pressemitteilung, die kurz vorher rausging.

   Pressemitteilung
   Gendreck-weg Berlin 30. August 2012

   * Feldbefreier in Berliner JVA
   * Aktivist erklärt seine Motivation, weiter gegen Gentechnik
      in der Landwirtschaft zu streiten

Heute trat der 34-jährige Gentechnikgegner und Feldbefreier aus Berlin seine politische Haft an. Nach einem kurzen Gespräch mit der Gerichtsvollzieherin im Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg händigte sie ihm den Haftbefehl aus und übergab ihn an Polizeibeamte, die ihn zu einer Justizvollzugsanstalt im Stadtgebiet brachten.

Der Aktivst hatte 2008 nach vorheriger öffentlicher Ankündigung mit vielen anderen Menschen zusammen gentechnisch manipulierten Mais im fränkischen Kitzingen unschädlich gemacht. Schon 2009 war er zu einer Geldstrafe verurteilt worden. Er entschied sich bewusst, das Geld nicht zu zahlen: "Nach wie vor ist die sogenannte Grüne Gentechnik auf dem Vormarsch. Wir bräuchten stattdessen dringend Schutz und Förderung der bäuerlichen, gentechnikfreien Landwirtschaft. Ich bin nicht bereit, Geld zu zahlen an einen Staat, der weiterhin die Gentechnikindustrie unterstützt."

Zwar sei MON810 in einigen Ländern derzeit verboten, aber Gentech-Konzerne wie Bayer, BASF und Monsanto verkauften ihre schädliche Saat weltweit. In den USA und Kanada sei es bereits nicht mehr möglich, gentechnikfrei Raps oder Soja anzubauen. Einmal ausgebrachte genmanipulierte Pflanzensorten seien nicht mehr rückholbar - mit unabschätzbaren Folgen für Mensch und Natur.

Doch dem Aktivisten geht es um mehr. Müller: "Noch schlimmer als das ökologische und gesundheitliche Russisch-Roulette finde ich, dass es den Konzernen erklärter Maßen um nichts Geringeres geht, als die Ernährung der Menschheit unter ihre Kontrolle zu bringen". Schon jetzt hätten sich in Indien tausende Kleinbauern das Leben genommen, weil sie durch den Anbau genmanipulierter und somit patentierter Sorten in die wirtschaftliche Abhängigkeit der großen Konzerne geraten seien. "Seit Anbeginn der Zivilisation ist es zentrale und für die Welternährung unabdingbare Praxis, dass LandwirtInnen ihr Saatgut selbst nachziehen, regional anpassen und untereinander austauschen", so der Feldbefreier weiter. "Diese Grundlage unseres Überlebens auf der Erde wird derzeit für den kurzfristigen Profit einiger Konzerne zerstört und privatisiert. Millionen und Abermillionen Bäuerinnen und Bauern werden gezwungen, Jahr für Jahr das teure, patentierte, weltweit gleiche Saatgut zu kaufen." Die anderen, resistenten, regional angepassten Sorten würden verdrängt. Wenn dann, wie beispielsweise in Indien bei Gentech-Baumwolle im großen Maßstab geschehen, auch noch die Erträge zurückgingen, vernichte das Existenzen. "Die Bäuerinnen und Bauern werden zu Wirtschaftssklaven der Konzerne", meinte Müller. "Das ist schlimm. Noch schlimmer ist, dass bald alle Menschen eine handvoll Konzerne um ihr Essen anbetteln werden müssen."

Zu seiner Verurteilung sagte der Gentechnikgegner: "Dass die Landwirtschaftsministerin den von uns zerstörten Gen-Mais ein Jahr später selbst verboten hat, zeigt, dass nicht wir, sondern die Gentechnik-Mafia eine Gefahr für unsere Gesellschaft ist. Sämtliche gesundheitlichen und ökologischen Risiken waren Jahre zuvor bekannt. Trotzdem wäre der Mais ohne unsere Aktion zur Blüte gekommen und hätte seine unkontrollierbaren Pollen verbreitet. Obwohl schon lange eine Mehrheit der Menschen Gentechnik auf Acker und Teller ablehnt, hat der Staat erst gehandelt, nachdem zahllose Aktionen ihn über Jahre dazu gedrängt hatten. Hier wird deutlich, dass wir uns nicht auf BerufspolitikerInnen verlassen dürfen, sondern Demokratie immer wieder selbst erkämpfen müssen."

   Website: www.gendreck-weg.de

   Für Rückfragen

   * Jutta Sundermann, Gendreck-weg, 0175 / 86 66 76 9


Freispruch für Feldbefreier

Am 6. Dezember wurde der Feldbefreier Thomas Janoschka freigesprochen, der zusammen mit anderen AktivistInnen im Sommer 2010 nach vorheriger Ankündigung einige Gentech-Kartoffelpflanzen auf einem Feld in Zepkow unschädlich gemacht hatte. Die Anklage lautete auf Hausfriedensbruch und erwies sich als haltlos.

Hier weiterlesen: Pressemitteilung vom 06.12.2011


Schlamperei und Subventionsbetrug in Gatersleben

Am 27.10.2011 fand erneut eine Verhandlung im Rahmen es Zivilverfahrens um die Feldbefreiung in Gatersleben statt. Die Versuchsleiterin musste in der Befragung zugeben, dass der Versuch aufgrund von Fehlern der Durchführenden kaum auswertbar gewesen wäre, auch ohne Aktion. Die Beklagten und ihre Anwälte stellten inzwischen einen Strafantrag wegen Subventionsbetrug bei der Staatsanwaltschaft Magdeburg.

Hier weiterlesen: Pressemitteilung vom 27.10.2011


7. Januar 2008, Amtsgericht Nürtingen: Feldbefreiung des Bio-Imkers Achim Schultheiss

Der Nürtinger Bio-Imker Achim Schultheiß hatte an Pfingsten 2006 nach vorheriger öffentlicher Ankündigung drei Genmaispflanzen eines Versuchsfeldes der Hochschule Nürtingen in Oberboihingen (südl. von Stuttgart) zerstört. Die Staatsanwaltschaft hatte den Schaden anfangs auf mindestens 240.000 ¬ beziffert (laut Akte wurde ein Schadenshöhe bis zu 3 Millionen ¬ angenommen) und einen Strafbefehl von 150 Tagessätzen ausgestellt; in der Gerichtsverhandlung reduzierte sie die Forderung auf 90 Tagessätze, da sie von einem tatsächlichen Schaden von 30.000 Euro ausging. Diese Schadensfeststellung stützte sich auf Darlegungen des Zeugen Dr. Helmut Meßner von der Sortenförderungsgesellschaft, die eine 100%-ige Tochter des Bundesverbandes der Pflanzenzüchter in Deutschland ist.

Beim Gerichtsprozess am 7.1.2008 begründete Achim sein Handeln mit dem akuten Notstand: Aufgrund der Unmöglichkeit einer Koexistenz stehe seine Existenz als Bio-Imker in Gefahr, wenn gentechnisch veränderte Pflanzen im weiten Umkreis angebaut würden.

Unterstützung bekam er vom kanadischen Bauern Percy Schmeißer, der im Gerichtssaal seine Solidarität bekundete. Schmeißer hatte für seinen Kampf gegen die Gentechnik in der Landwirtschaft 2007 den Alternativen Nobelpreis erhalten.

Weitere Unterstützung bekam Achim durch die im Vorfeld der Verhandlung abgelaufene "Aktion Einsitzen": Zahlreiche Gentechnik-GegnerInnen hatten hierbei mit einem Brief an die Staatsanwaltschaft angeboten, stellvertretend einen Teil der Strafe zu übernehmen und für ihn "einzusitzen".

Das Urteil des Richters lautete auf 30 Tagessätze; er blieb somit unter der Forderung der Staatsanwaltschaft. Die Verurteilung einer weiteren Angeklagten zu 15 Tagessätzen wurde zur Bewährung ausgesetzt.

Bei einer Demonstration zum Gebäude der Fachhochschule direkt nach dem Prozess gab Achim ein Schreiben an die Hochschulleitung ab: Sollte auch in diesem Jahr bei Nürtingen mit Genmais experimentiert werden, werde er erneut an Pfingsten auf den Acker gehen und dort drei Pflanzen unschädlich machen.

Darüber hinaus hat Achim Rechtsmittel gegen das Urteil eingelegt.

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