Freiwillige
Feldbefreiung in Altreez 2007: 66 Strafverfahren
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Juli
2007 |
Nach dem gentechnikfreien
Camp im Oderbruch nehmen zahlreiche Menschen an der Freiwilligen
Feldbefreiung eines MON810-Feldes teil und machen insgesamt über
5 ha Genmais unschädlich. 66 Feldbefreier_innen werden von der Polizei
festgenommen; viele von ihnen legen Strafanzeige gegen die Genbauern,
Monsanto und Seehofer ein und reichen als Beweismittel einen auf
dem Feld geholten Maiskolben ein. (die Anzeige ist als pdf-Datei
unter Materialien &
Rechtstipps abrufbar). Die eingereichten Maiskolben werden später
vom Gericht als Beweismittel akzeptiert. |
März
2008 |
Nachricht von
der Staatsanwaltschaft: Die Ermittlungen gegen Monsanto & Co.
werden eingestellt. |
April
2008 |
Einigen Beteiligten
macht die Staatsanwaltschaft das Angebot, die Strafverfolgung gegen
eine Zahlung von 500¬ einzustellen. |
Juni
2008 |
Die ersten
Strafbefehle gehen raus: die Anklage lautet auf "gemeinschaftliche
Sachbeschädigung", das veranschlagte Strafmaß liegt zwischen 35
und 50 Tagessätzen. Die Betroffenen legen Einspruch ein, woraufhin
die ersten Prozesstermine auf Anfang Juli festgelegt werden. |
4.
Juli 2008 |
Der Imker Michael
Grolm und der Biologe Christoph Bautz werden am Amtsgericht Freienwalde
wegen "gemeinschaftlicher Sachbeschädigung" zu 20 Tagessätzen à
18 bzw. 35 Euro verurteilt: Sie hatten vor Gericht mit dem Rechtfertigenden
Notstand (§34 Strafgesetzbuch) argumentiert, demzufolge das Begehen
einer Straftat nicht rechtswidrig ist, wenn dadurch eine Gefahr
von sich oder Anderen abgewendet wird. Nach Auffassung der Richterin
Katharina Platzeck sei eine Feldbefreiung jedoch kein angemessenes
Mittel des Widerstand, ein Freispruch könne deshalb nicht erfolgen. |
Juli/August
2008 |
In den Sommermonaten
finden fast jeden Mittwoch und Freitag Verfahren gegen die Angeklagten
am Amtsgericht Bad Freienwalde statt. Die meisten Feldbefreier_innen
bekennen sich zu ihrer Aktion und berufen sich in ihrer Argumentation
auf den Rechtfertigenden Notstand. 14 von ihnen werden wegen Sachbeschädigung
zu Geldstrafen zwischen 150 und 900 Euro verurteilt; das Strafmaß
beträgt dabei in den meisten Fällen 15 Tagessätze. Ein Verfahren
wird eingestellt, da der Angeklagte nur eine einzige Maispflanze
herausgerissen hatte, um sie dann der Polizei als Beweismittel gegen
den Genbauern zu überreichen. |
Winter
2008/09 |
Nach einigen
ruhigen Monaten gibt es wieder Neuigkeiten von der Staatsanwaltschaft:
Einige Ermittlungen werden eingestellt; einige andere FeldbefreierInnen
erhalten ihre Strafbefehle. Bei den folgenden Prozessen kommt es
zu zwei Einstellungen auf Kosten der Staatskasse: Obwohl sich die
Angeklagten zu ihrer Tat bekannten und zugaben, auf dem Feld gewesen
zu sein, werden die Verfahren mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft
aufgrund der geringen Schuld eingestellt. |
Februar
2009 |
Nach Aussage
der Staatsanwaltschaft sind alle Prozesse in Bad Freienwalde wegen
der Feldbefreiung in Altreetz 2007 beendet. Nach unseren Informationen
wurden vor dem Amtsgericht 23 Verfahren mit insgesamt 25
Angeklagten verhandelt. Dabei gab es 2 Verurteilungen zu 20 Tagessätzen,
16 Verurteilungen zu 15 Tagessätzen und 6 Einstellungen. In
einem Verfahren hat der Angeklagte kurz vor der Verurteilung seinen
Widerspruch gegen die Einstellung zurückgezogen. Einige Angeklagte
haben Berufung eingelegt, die jedoch in fast allen Fällen vom zuständigen
Landgericht in Frankfurt/Oder wegen geringer Strafen abgelehnt wurden. |
März
2009 |
Am Landgericht
in Frankfurt/Oder findet der erste Berufungsprozess statt. Der Angeklagte
beantragt Freispruch, da er im Genmaisanbau eine so starke Gefahr
für die Natur, die Gesundheit des Menschen und die Zukunft der Landwirtschaft
sieht, dass er Feldbefreiungen für unbedingt notwendig und gerechtfertigt
sieht im Sinne des "Rechtfertigenden Notstands" (Paragraf 34 Strafgesetzbuch).
Dieser Rechtsauffassung schließen sich aber weder Staatsanwaltschaft
noch das Gericht an. Durch die Zusammenführung mit einer anderen
Strafe kommt es zu einem Gesamturteil von 30 Tagesätzen zu 30 Euro.
Der Angeklagte macht deutlich, dass er sich trotz des Urteils an
weiteren Feldbefreiungen beteiligen wird. |
September/
Oktober 2009 |
Zwei Feldbefreier weigern sich, ihre Geldstrafe von
200 bzw. 300 Euro zu zahlen und sitzen ihre Verurteilung zu 15 Tagessätzen
im Knast ab. Mit ihren öffentlichen Haftantritten machen sie einmal
mehr auf die politische Schieflage zum Thema Agro-Gentechnik aufmerksam.
Auch Micha Grolm tritt seine Haft an, um die Verurteilung zu 20
Tagessätzen abzusitzen. Nach einem Wochenende in der JVA Suhl wird
er am 2. November "freigekauft": 17 Organisationen und Einzelpersonen
übernehmen je einen Tagessatz von 18 Euro, damit Micha vorzeitig
aus der Haft entlassen wird. |
Im Zusammenhang
mit der Feldbefreiung 2007 in Altreetz kam es auch zu einer Schadensersatzforderung
an den Gendreck-weg Aktivisten Micha Grolm: Der Genmais-Bauer, auf dessen
Feld die meisten BefreierInnen zugange waren, fordert gesamtschuldnerisch
8.800 ¬ Schadensersatz: 4.500 ¬ für den zerstörten Mais und 4.300 für
die Errichtung des "Zauns".
Juni
2009 |
In der Güteverhandlung
am Landgericht Frankfurt/Oder schlägt das Gericht einen Vergleich
von 4.000 ¬ vor. Der Bauer - der von Monsanto-Anwalt Stiebler vertreten
wird - lehnt jedoch ab und schlägt stattdessen 7.000 ¬ vor. Da sich
die Anwältin von Micha Grolm mit maximal 3.300 ¬ einverstanden erklärt,
wird die Verhandlung für gescheitert erklärt. Das Gericht beschließt
Beweis über Erntemenge und Preis des Mais in 2007 zu erheben. Ein
neuer Termin wird noch nicht festgelegt. |
Februar
2010 |
Am 2. Februar
wird der Prozess vor dem Landgericht Frankfurt/Oder fortgesetzt.
Einige Wochen später liegt das schriftliche Urteil liegt vor: Micha
wird verurteilt, einen Schadensersatz für den zerstörten Mais in
Höhe von ca. 4.300 ¬ zu bezahlen. Im Übrigen (ca. 4.200 ¬) wird
die Klage verworfen. |
Feldbefreier
im Knast
"Gentechnik-Gegner
kann man einsperren, Pollen nicht" - Unter diesem Motto gingen 2009
erstmals mehrere Feldbefreier in Haft. Die Gendreck Weg-Aktivisten Micha
Grolm, Christian Pratz und Karl Braig weigerten sich, ihre Geldstrafen
zu bezahlen und saßen ihre Verurteilungen im Knast ab.
27.
August: Erster Feldbefreier geht ins Gefängnis
Der Berufsimker
Michael Grolm war als erster Feldbefreier im Gefängnis. 200 Gentechnikgegnerinnen
und Gentechnikgegner, 30 Imker und zehn Traktoren begleiteten ihn zum
Haftantritt am 27. August in Weimar.
Der Grund für Michas
Gefängnisaufenthalt: Im Sommer 2007 hatte er an einer öffentlich angekündigten
freiwilligen Feldbefreiung teilgenommen. Über 60 AktivistInnen machten
damals ca. 5 ha des Genmaises Mon 810 - der dieses Jahr verboten wurde
- unschädlich. Da gegen Micha jedoch eine einstweilige Verfügung des
Monsanto-Anwalts Stieblers vorlag, derzufolge er den Acker nicht hätte
betreten dürfen, wurde er zu einer Strafe von 1000 Euro verurteilt.
Diese Verurteilung entsprach nach dem Wunsch zwei Tagen Ordnungshaft.
Micha war von Anfang an bereit, diese zwei Tage auch im Gefängnis verbringen.
Allerdings verlangte das Gericht einen Offenbarungseid, bevor die Ordnunghaft
in Anspruch genommen werden könnte. Den wollte Grolm nicht ablegen und
musste daher zunächst in Erzwingungshaft.
Weitere Infos:
Videoclip zur Aktion
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