Hintergründe zum Genweizen-Versuch in Gatersleben

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Nichts geht ohne Weizen

Ob Brot, ob Pizza, Nudeln oder Müsli: Weizen ist das wichtigste Grundnahrungsmittel in Europa. Weltweit ist es nach dem Reis die zweitwichtigste Nahrungspflanze. Verwandt mit dem Weizen und ebenfalls auf großen Flächen angebaut sind z.B. Hartweizen und Dinkel, ohne die italienische Pasta ebenso wenig denkbar wäre wie allergenarmes, gesundes Dinkelbrot. Auf der Erde werden jährlich rund 630 Mio. Tonnen Weizen geerntet, 25 Mio. Tonnen davon in Deutschland. Der Weizen wächst in der Bundesrepublik jedes Jahr auf etwa drei Millionen Hektar.


Bitte recht freundlich - Aufnahme bei einer Begehung vor einigen Tagen

In Gatersleben: die öffentliche Genbank

In Gatersleben befindet sich eine der größten Genbanken für Kulturpflanzen in Europa. Die Sammlung ist eine öffentliche“Schatzkammer“ landwirtschaftlicher Sorten. Sie stellt Saatgutproben für Bauern und Züchter, Privatpersonen, Forschende, Entwicklungshilfe-Projekte in aller Welt sowie Unternehmen zur Verfügung. Eine Kontamination dieser Bestände durch Gen-Weizen hätte verheerende Folgen für die zukünftige Züchtungsarbeit.

Diese „Bibliothek“ lebendiger Pflanzensorten arbeitet zum Einen mit großen Kühlanlagen, in denen das Saatgut und keimfähige Material jahrelang aufbewahrt werden kann. Aber immer wieder muss es, damit es seine Keimfähigkeit nicht verliert, ausgesät werden, aufwachsen dürfen und dann können die neuen Samen wiederum eingelagert werden. Weizen, wird mit vielen Sorten in Gatersleben aufbewahrt. Wenn nun in direkter Nachbarschaft der Flächen der Genbank Gentech-Weizen einen Teil seiner Pollen dem Wind überlässt, werden durch Kontamination wirklich Ernährungsgrundlagen zerstört.

Eine skandalöse Genehmigung

Der Versuch mit dem Genweizen wurde 2006 trotz massiver Proteste genehmigt. Unglaublich, aber wahr. Der damals vorgelegte Freisetzungsantrag schweigt sich aus über die räumliche Nähe zur Genbank. Statt dessen schrieben die Verantwortlichen, in der Nähe der Versuchsfläche, fände kein Anbau von Weizen oder mit Weizen kreuzungsfähiger Pflanzen statt. Das ist absichtliche Irreführung, denn die Flächen für die sogenannte Erhaltungszucht der Genbank liegen in unmittelbarer Nähe zu den genmanipulierten Pflanzen.

Das ist unglaublich. Das IPK ist eine Stiftung des Bundes und der Bundesländer und finanziert sich zu einem Großteil aus öffentlichen Mitteln. So wird mit Steuergeldern die – auch mit Steuergeldern finanzierte – Erhaltung von Kulturpflanzensorten verhindert.


Vor dem Beginn der Feldbefreiung - viele kleine Schilder für die verschiedenen Weizen-Linien. Foto: S. Atwa

Wie kann sich der manipulierte Weizen ausbreiten?

Weizen kann sich auch mit Wildpflanzen, zum Beispiel den mit dem Weizen verwandten Wildkräutern der Agropyron-Familie (wie die Quecke) sowie Aegilops Cylindrica, Ae. Neglecta, Ae. Triuncalis und Ae. Geniculata kreuzen. Diese könnten die Eigenschaften der freigesetzten Pflanzen annehmen. Speziell Herbizidresistenz-Gene könnten Ackerkräutern selektive Vorteile verschaffen. Eine Bekämpfung mit Pestiziden mit dem Wirkstoff Glufosinat-Ammonium wäre dann nicht mehr möglich. Weizen ist eine sich selbst bestäubende Pflanze, hat aber durch Wind immerhin Fremdbefruchtungsraten von bis zu 9%. JAIN (1975) gibt sogar einen Fremdbestäubungsanteil von 10% und mehr an, abhängig von Populationsdichte, Genotyp und Umweltfaktoren. Windbestäubung beim Weizen kann auch nach Angaben der OECD (1999) bei trockenem und warmem Wetter zu Fremdbefruchtungsraten von 3,7 bis 9,7% führen. Noch in 150 Meter Entfernung wurden Einkreuzungen in Weizen gemessen. Weitere Entfernungen wurden bisher nicht untersucht. Das IPK gibt jedoch stets nur einen Fremdbefruchtungsanteil von 1 bis 3% an. Auch eine Verschleppung durch Wildtiere und Vögel kann laut Aussagen des antragstellenden Instituts nicht ausgeschlossen werden und stellt für die naheliegenden Flächen der Genbank Gatersleben ein hohes Risiko dar.

(Quelle für diesen Absatz: Umweltinstitut München, 2006).

Immer das Selbe:
Jede Menge Fragezeichen rund um den Genweizen-Versuch

Bei den gentechnischen Manipulationen unserer Kulturpflanzen ergeben sich regelmäßig überraschende „Nebenwirkungen“. So wirkt das Gift im Genmais Mon810 giftiger, wenn die Pflanze es reproduziert, als wenn das Bodenbakterium „Bacillus thuringiensis“ es wie seit Jahrhunderten tut. Der Genweizen in Gatersleben blüht früher als die Pflanzen der Ausgangssorte. In den Genweizenpflanzen stecken mehrere fremde Genabschnitte. Das sogenannte Bar-Gen bringt eine Resistenz gegen das Herbizid „Basta“ aus dem Hause Bayer mit sich. Ökonomisch sehr attraktiv, wie Konkurrent und Gentech-Konzern Monsanto weiß, der vor allem in Kanada und den USA derartig manipulierten Raps und Soja verkauft. Als Markergene stecken im Gaterslebener Weizen außerdem Resistenzen gegen die Medikamente Ampicillin und Streptomycin. Die Europäische Lebensmittelbehörde hat dies als gefährlich bezeichnet und will keine Erlaubnis solcher Genpflanzen für den kommerziellen Anbau erteilen.


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